Freitag, 24. Februar 2012

fight club //

OT: Fight Club
USA 1999 - 135 Min. - 2,35:1 - David Fincher


"Du hast mich in einer seltsamen Phase meines Lebens getroffen."

David Fincher zählt gegen Mitte/Ende der 1990er Jahre zu einer neuen Generation von Film-Regisseuren, den "jungen Wilden" Hollywoods. Mit seinen Arbeiten Alien³, Sieben und The Game konnte er dies schon ansatzweise deutlich machen. Mit Fight Club allerdings setzt er Maßstäbe, was die Definition des Begriffs "wild" angeht. So entfesselt und anscheinend von Mainstream-fokussierter Studio-Hierarchie unbeeindruckt hat man selten einen Filmemacher an die Arbeit gehen sehen.

Dieses Werk, dass bis heute den vorläufigen Höhepunkt in seiner Filmographie darstellt, bricht mit den meisten der momentan gültigen Traumfabrik-Regeln und präsentiert sowohl visuell, akustisch (Oscar-Nominierung!) als auch inhaltlich endlich mal wieder filmische Güter, wegen derer die Amerikaner (und um diese geht es ja leider in erster Linie) gerade nicht ins Kino gehen. Das ist wohl auch der Grund für das Box-Office-Scheitern von Fight Club in Übersee, wahrscheinlicher aber ein untrügliches Zeichen für den allgemeinen Wert des Filmes. Irgendwann wird auch der Rest der Welt bemerken (manche früher, andere später), dass hier ein wahrlich wegweisender Klassiker geboren wurde.

Was soll man da noch sagen? Sitzt man doch angesichts dieses Geschosses von einem Film sprachlos im Kinosessel. Das Faszinierendste ist die Auflösung der Geschichte am Schluss, welche den Zuschauer förmlich zwingt, das Werk gleich noch einmal zu sehen. Es handelt sich um eine der leider viel zu seltenen, überraschenden Pointen, die einen das vergangene Geschehen der letzten gut zwei Stunden noch einmal komplett aus anderer Sicht überdenken lassen. Bestes Beispiel dafür ist Alan Parkers Angel Heart. Fight Club kratzt jedoch eindrucksvoll mit seinem brutal konsequenten Höhepunkt an diesem Genialitätsthron. Wenn man dann vor diesem Hintergrund den Film ein zweites mal sieht, fallen einem bereits die vielen Anspielungen bezüglich des Endes auf, welche absolut meisterhaft über die gesamte Länge des Werkes verstreut sind. Viele Kleinigkeiten bleiben dann auch im Gedächtnis des Betrachters haften, Kleinigkeiten, die in ihrer Gesamtheit die Größe dieses Filmes ausmachen: Der an Hodenkrebs erkrankte Bob (Rocksänger Meat Loaf) zum Beispiel, ein unbeholfener Klops, der im Rahmen seiner Krebstherapie durch starke Hormone riesige Brüste entwickelt hat (treffend im amerikanischen Original: "Bitch tits") und sich einfach nur nach etwas Zuneigung sehnt, welche er im Fight Club dann endlich auch findet. Bob ist übrigens eine der insgesamt nur zwei Figuren, die während der Geschehnisse ihr imaginäres Leben lassen. Diese Tatsache ist besonders vor dem Hintergrund interessant, dass Kritiker dem Film übertriebene Gewaltdarstellung vorwerfen. Ein Grund dafür, dass er in Deutschland mit der FSK-Freigabe "Ab 18" ins Kino kam.
 
Weiterhin der Gang des Erzählers Edward Norton durch einen virtuellen Ikea-Katalog, der wunderbar die gleichzeitige Konsum-Abhängigkeit als auch die in seinem Fall daraus resultierende Rebellion dagegen verdeutlicht. Im Übrigen ist der Film, wie bereits kurz erwähnt, visuell mehr als beeindruckend gestaltet - schwer zu beschreiben allerdings, man muss es selbst sehen. David Fincher ist sich jedenfalls treu geblieben, was die Bildgestaltung angeht: Wie bereits in seinen früheren Werken, ganz besonders jedoch in Sieben, ist jeder Schauplatz sorgfältig choreographiert, ausgestattet und beleuchtet, jede Szene könnte als Metapher oder Andeutung für Späteres herhalten. Einzig und allein die gelegentlichen, computergenerierten Kamerafahrten durch virtuelle Mülleimer und selbst gebastelte Bomben kommen etwas zu eigennützig daher, zumal sie sich bei allem Hingucker-Potential nicht unbedingt auf dem technisch höchsten Niveau befinden - wohl der Preis dafür, wenn man kein 100-Mio.-$-Budget zur Verfügung hat. Und noch eine Kleinigkeit zum Schluss: Einmal erscheint ein Kino im Bild, im Hintergrund zwar, aber dennoch deutlich erkennbar, in welchem gerade Sieben Jahre in Tibet gezeigt wird. Ein schmunzelnder Seitenhieb auf Brad Pitts eigenes Schönling-Image, welchem er nun wieder ein Stückchen entkommen kann. Man darf auch nicht vergessen, dass es ihm einspielstarke Edelschnulzen wie Legenden der Leidenschaft oder eben Sieben Jahre in Tibet erst ermöglichen, auf den ersten Blick unpopuläre Stoffe wie Fight Club zu verwirklichen, wo er auch erstmals seit Sieben beweisen kann, dass er ein durchaus respektabler Schauspieler ist.

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